Marktumfeld

Im Laufe des Jahres 2024 begannen die meisten großen Zentralbanken in Anbetracht des nachlassenden Preisdrucks und der Befürchtungen einer Wachstumsverlangsamung damit, die monetären Bedingungen zu lockern, während der Konflikt in der Ukraine im dritten Jahr andauerte. Die Brent-Preise bewegten sich weiterhin in einer engen Spanne, während die Gaspreise im Vergleich zu 2023 weiter zurückgingen, was den Preisdruck auf die Verbraucher:innen verringerte. Dennoch blieben die gedämpften Wachstumsaussichten ein zentrales Thema für die Märkte. Dies galt auch für den Rohölmarkt, auf dem sich die umfassende Marktsteuerung durch die Gruppe der OPEC+ erneut als starker Preistreiber erwies. Es ist davon auszugehen, dass diese Themen auch im Jahr 2025 auf der Tagesordnung bleiben werden und die Märkte weiterhin die anhaltenden geopolitischen Konflikte im Blick haben dürften.

Die Notwendigkeit der Inflationsbekämpfung ließ 2024 nach, sodass die meisten großen Zentralbanken mit Zinssenkungen begannen. Niedrigere Zinssätze bedeuten eine Entlastung für die Volkswirtschaften, da sich die Kreditkosten für Unternehmen, Regierungen und Privatpersonen verringern. Dies dürfte die wirtschaftliche Erholung mittelfristig unterstützen. Gegenwind war vor allem in der Europäischen Union zu spüren, da die schwache Industrieproduktion die Gesamtwirtschaft weiterhin belastete. Die US-Wirtschaft wurde unterdessen durch den stärkeren Konsum gestützt.

Der Brent-Preis blieb im Vergleich zu 2023 weitgehend stabil, wobei die unterjährigen Trends in der ersten Jahreshälfte stärkere Fundamentaldaten zeigten und sich erst im zweiten Halbjahr allmählich abschwächten. Die Preise für Rohöl gerieten zunehmend unter Druck, da die Sorge um die weltweite Ölnachfrage zunahm und die großen Prognoseagenturen ihre kurzfristigen Ausblicke im Jahresverlauf mehrfach revidierten. Aufgrund des zunehmenden Preisdrucks verschob auch die Gruppe der OPEC+ die Steigerung ihrer Produktion.

Die Erdgas-Benchmarks kehrten nach dem sprunghaften Anstieg im Jahr 2022 mit dem Ausbruch des Ukraine-Russland-Kriegs langsam wieder zu historischen Werten zurück. In der ersten Jahreshälfte sorgten niedrigere Preisniveaus für eine gewisse Entspannung in der europäischen Industrie. Im zweiten Halbjahr stiegen die Preise jedoch wieder an, da Versorgungsunsicherheiten und die Aussicht auf einen kälteren Winter erneut preisstützend wirkten.

Die Raffineriemargen sanken 2024 von den Höchstständen der Jahre 2022 und 2023 auf historische Werte. Die Margen der europäischen Raffinerien waren zu Jahresbeginn noch hoch, gingen aber im Laufe des Jahres allmählich zurück. Dies war in erster Linie auf die Normalisierung der Crack-Spreads für Mitteldestillate zurückzuführen, die nach der russischen Invasion in der Ukraine im Jahr 2022 am meisten profitiert hatten. Auch die Crack-Spreads für Motorenbenzin gerieten durch die schwache Nachfrage und das potenzielle neue Angebot der nigerianischen Dangote-Raffinerie zunehmend unter Druck. Für 2025 ist der Ausblick für die Raffineriemarge moderat, da die Internationale Energieagentur (IEA) ein Wachstum der weltweiten Nachfrage nach Flüssigprodukten von etwa 1 Mio bbl/dIEA Oil Market Report, Dezember 2024 erwartet, das damit deutlich niedriger ist als in den Vorjahren und als der historische Durchschnitt. Neu hinzukommende Raffineriekapazitäten üben weiteren Druck auf die Märkte aus und zwingen zur Konsolidierung der europäischen Produktion, für die die langfristigen Nachfrageprognosen am konservativsten sind.

Mittel- und längerfristig werden der Pfad der Energiewende und die Dekarbonisierung der Wirtschaft weiterhin von Kontroversen und Unsicherheiten geprägt sein. Der Trend zum kumulativen Anstieg der Zusagen von Staaten, Regionen, Kommunen und Unternehmen zur Dekarbonisierung der Energiesysteme und der Wirtschaft setzte sich auch 2024 fort. Laut dem Carbon Tracker der University of Oxford gibt es mittlerweile für geschätzte 93% des globalen BIP eine Netto-Null-Zusage. In der Unternehmenswelt haben sich inzwischen fast 60% der gemessen am weltweiten Umsatz größten Unternehmen in irgendeiner Form zur Erreichung von Netto-Null-Emissionen verpflichtet. 47% der beobachteten Unternehmen haben ein Netto-Null-Ziel als Teil ihrer Unternehmensstrategie definiert.

Im aktuellsten World Energy Outlook hielt die IEA bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, bei Batteriekapazitäten und bei Wasserstoff eine Aufwärtskorrektur fest, hingegen eine Korrektur nach unten beim Stopp der fossilen Brennstoffe im Announced-Pledges-Szenario (APS). Unter der Annahme, dass alle Umweltzusagen eingehalten werden, erwartet die IEA bis 2030 einen optimistischeren Ausblick für Kohle, während die Aussichten für die LNG-Nachfrage sowohl mittel- als auch langfristig nach oben korrigiert wurden. Der Ausblick für Öl blieb weitgehend stabil. Szenarien, die von Netto-Null-Emissionen für das globale Energiesystem bis 2050 ausgehen, fordern eine noch schnellere Einführung CO2-armer Technologien und eine noch drastischere Reduzierung des Verbrauchs von fossilen Brennstoffen. Es besteht durchaus die Gefahr, dass die Energiewende langsamer vonstattengeht, was in einer längeren Nutzung fossiler Brennstoffe und einer langsameren Einführung alternativer Technologien resultieren würde. Diese Szenarien gehen davon aus, dass der globale Temperaturanstieg bis zum Jahr 2100 im Vergleich zum vorindustriellen Niveau mehr als 2°C betragen wird.

Gesamtangebot an Primärenergie weltweit

In EJ

Gesamtangebot an Primärenergie weltweit (Balkendiagramm)Gesamtangebot an Primärenergie weltweit (Balkendiagramm)
Quelle: Internationale Energieagentur (IEA), World Energy Outlook 2024

Im Stated-Policies-Szenario (STEPS) ist die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der Gesamtenergienachfrage bis 2030 mit 0,75% etwa halb so hoch wie die Wachstumsrate der Energienachfrage in den letzten zehn Jahren. Die Nachfrage steigt bis 2050 weiter an. Im Announced-Pledges-Szenario (APS) stagniert die Gesamtenergienachfrage dank einer verbesserten Effizienz und der Effizienzvorteile von Technologien, die mit Strom betrieben werden (wie Elektrofahrzeuge und Wärmepumpen), gegenüber Alternativen auf Basis fossiler Brennstoffe. Im „Netto-Null-Emissionen bis 2050“-Szenario schreiten Elektrifizierung und Effizienzsteigerungen sogar noch schneller voran, was zu einem durchschnittlichen Rückgang der Primärenergie um 1,3% pro Jahr bis 2030 führt.

Mehr über die Szenarioanalyse von OMV finden Sie in der Nachhaltigkeitserklärung (Umweltinformationen) sowie im Konzernanhang (Anhangangabe 3 – Auswirkungen des Klimawandels und der Energiewende).

Globale Nachfrage nach Olefinen1

In Mio t

Globale Nachfrage nach Olefin-Neuware (Balkendiagramm)Globale Nachfrage nach Olefin-Neuware (Balkendiagramm)
Quelle: Chemical Market Analytics von OPIS, einem Unternehmen von Dow Jones; Herbst 2024
1 Ethylen und Propylen

Die Ölnachfrage für die chemische Produktion wird aufgrund einer steigenden Nachfrage in Schwellenländern und der engen Verknüpfung mit der BIP-Entwicklung voraussichtlich zunehmen. Bis 2030 wird die Ölnachfrage für die chemische Produktion um etwa 3% pro Jahr steigen. 75% des Wachstums der Nachfrage nach chemischen Produkten und Kunststoffen werden sich bis 2030 und darüber hinaus auf Schwellenländer, vor allem in Asien, konzentrieren. Auf diese Region entfällt der größte Teil des weltweiten Bevölkerungswachstums und damit des entsprechenden Potenzials zur Verbesserung des Lebensstandards. Die Nachfrage in gesättigten Märkten wie Europa, Nordamerika und Japan dürfte langfristig im Einklang mit der wirtschaftlichen Entwicklung insgesamt gesund bleiben, die Wachstumsraten werden sich jedoch voraussichtlich verlangsamen.

Globale Nachfrage nach Polyolefinen (Neuware und Rezyklat)

In Mio t

Globale Nachfrage nach Polyolefin-Neuware (Balkendiagramm)Globale Nachfrage nach Polyolefin-Neuware (Balkendiagramm)
Quelle: Chemical Market Analytics, Chemical Supply & Demand, Herbst 2024

Polyolefine sind das größte Marktsegment bei der Herstellung von Kunststoffprodukten. Die Nachfrage nach Polyolefin-Neuware wird bis 2030 – verstärkt durch den asiatischen Markt – weiterhin stärker als das globale BIP wachsen. Polyolefine werden für verschiedene Branchen, darunter Verpackungen, Bauwesen, Transport, Gesundheitswesen, Pharmazeutika und Elektronik, auch künftig unverzichtbar sein. Der wichtigste Erfolgsfaktor für mittel- bis langfristig nachhaltige Geschäftsmodelle ist das Wachstum bei erneuerbaren Rohstoffen und Biokunststoffen sowie die Entwicklung von kreislauffähigen Lösungen. Es wird erwartet, dass die Nachfrage nach recycelten Polyolefinen bis 2030 mehr als dreimal so schnell wachsen wird wie das globale BIP, wobei Asien den größten Anteil ausmachen wird.

APS
Announced-Pledges-Szenario
IEA
International Energy Agency; Internationale Energieagentur
LNG
Liquefied natural gas; Flüssigerdgas

Themenfilter

Ergebnisse