Resilienz des Unternehmens

Die Covid-19-Pandemie hatte im Jahr 2020 erhebliche Auswirkungen auf die weltweiten Energiemärkte und führte zu Störungen in der Dynamik von Angebot und Nachfrage. Die globale Wirtschaft steuert nun auf eine mehrjährige Erholung zu, wobei das Tempo in den verschiedenen Regionen stark divergiert. Kurz- bis mittelfristig wird die Energienachfrage wieder wachsen, allerdings vor dem Hintergrund des Risikos, dass manche Änderungen im Verbraucherverhalten bestehen bleiben werden – vor allem in stark betroffenen Branchen wie Tourismus und Flugverkehr. Dank der Ankündigung des europäischen Green Deals, des Ausbaus der erneuerbaren Energien und der Verpflichtung vieler Länder zu Netto-Null-Emissionszielen kann das Jahr 2020 als ein Meilenstein für die globale Energiewende angesehen werden. Auf die Energiemärkte wird dies mittel- bis langfristig nachhaltigen Einfluss haben. Die OMV stimmt die Grenzen und Zeithorizonte ihrer Geschäftsstrategie auf die erwarteten kurz-, mittel- und langfristigen Risiken und Auswirkungen klimabezogener Richtlinien und Entwicklungen im Energiesektor ab.

Szenario-Analyse

Szenarien mit dem Ziel, den globalen Temperaturanstieg durch Reduktion von Treibhausgasemissionen auf maximal 2°C zu beschränken, sind für unsere strategischen Überlegungen enorm wichtig, da sie grundlegende Veränderungen für den aktuellen Energiemarkt implizieren. Wir sind uns des potenziellen Risikos von „Stranded Assets“ (gestrandeten Vermögenswerten) bewusst, wenn wir unsere Reserven aufgrund der Überschreitung des globalen -Budgets nicht voll ausschöpfen können. Im Zuge der Strategieentwicklung und -planung berücksichtigte die OMV Szenarien mit unterschiedlichen Aspekten potenzieller wirtschaftlicher, technologischer und sozialer Entwicklungen und deren Bedeutung für den Energiemarkt und demzufolge für unser Unternehmen.

Die OMV verwendet derzeit nach wie vor das Stated Policies Scenario (STEPS) der Internationalen Energieagentur (IEA), da es bestehende und angekündigte Richtlinien, Ziele und Pläne berücksichtigt. Vom STEPS der IEA leiteten wir die Auswirkungen auf europäische Öl- und Gasnachfragemengen bis 2025 und demzufolge auf die Kernmärkte der OMV ab. Die Analyse ergab einen Anstieg der Produktionsmengen von petrochemischen Produkten und Flugzeugtreibstoffen sowie einen Rückgang bei Benzin, Diesel und Heizöl. Generell wird gemäß dem STEPS der IEA die sich ändernde Nachfragesituation zu einem weniger CO2-intensiven Kraftstoffmix führen.

Im Vergleich zur STEPS-Analyse der IEA verwendete die OMV das Sustainable Development Scenario (SDS) der IEA als Downside-Sensitivität, um generell zu verstehen, wie sich das bestehende und das zukünftige OMV Portfolio in einem solchen Geschäftsszenario verhalten. Das SDS zeigt einen Weg im Einklang mit dem Pariser Übereinkommen auf, indem es den Anstieg der globalen Temperaturen auf deutlich unter 2°C hält und die Ziele in Bezug auf den universellen Energiezugang und saubere Luft erfüllt. Für dieses Szenario wurde eine gründliche Analyse der zugrunde liegenden Annahmen und deren Umsetzung in einem OMV Modell durchgeführt, um die langfristigen finanziellen Konsequenzen für die OMV zu verstehen. So wurde beispielsweise der CO2-Preis aus dem SDS der IEA für das Jahr 2040 auf die für 2040 prognostizierten OMV Kennzahlen angewendet. Die geschätzte Auswirkung lag bei mindestens EUR 1 Mrd. Wendet man die Preisannahmen der IEA in diesem Szenario auf eine Menge von 13 für das Jahr 2040 im Vergleich zu der in unserer Finanzplanung angenommenen Baseline an, könnte sich dies mit mindestens EUR 1 Mrd auswirken.

Globaler Primärenergieverbrauch nach Energieträgern

In Mrd toe

Globaler Energiebedarf nach Primärenergiequellen (bar chart)
Quelle: IEA World Energy Outlook 2020

Festlegung eines internen CO2-Peises und Einbeziehung der CO2-Reduzierung in die finanzielle Steuerung

Bereits im Jahr 2015 führten wir einen internen CO2-Preis zur Überprüfung unserer Investitionsentscheidungen ein. Anhand dieses Preises führen wir Sensitivitätsanalysen der Finanzdaten von Projekten mit durch CO2-Kosten erhöhten Betriebsaufwendungen (OPEX) durch. Der interne CO2-Preis ermöglicht es uns, die hypothetischen -Kosten in Investitionsschätzungen und Ausführungsplanungen zu berücksichtigen. Diese Analysen schützen den Wert neuer Investitionen unter künftigen Szenarien mit höheren CO2-Kosten und stärken die Resilienz gegenüber potenziellen Änderungen von Klimaabgaben oder klimabezogenen Handelssystemen. Sie erhöhen auch die Transparenz zusätzlicher wirtschaftlicher Anreize für Initiativen zur Reduzierung der CO2-Emissionen. Das interne CO2-Preissystem wird derzeit hinsichtlich der angewendeten internen CO2-Preisniveaus und der strategischen Steuerung überprüft. Die OMV hat niedrigere Renditevorgaben für Projekte eingeführt, die -Emissionen reduzieren. Diese risikobereinigten Renditeerwartungen im Finanzsteuerungsmodell gelten für Projekte zur CO2-Reduktion sowie für neue Energielösungen.

Förderung einer kostengünstigen Upstream-Produktion mit Fokus auf Gas

In einer sich rasch verändernden Welt revidiert die OMV ihre Volumenziele für 2025. Das ursprüngliche Ziel, bis 2025 ein Produktionsvolumen von 600 kboe/d und sichere Reserven (1P) von 2 Mrd zu erreichen, wird nicht mehr weiterverfolgt. In Zukunft wird das Upstream-Portfolio auf Wertgenerierung und Cashflow-Optimierung mit besonderem Augenmerk auf Gas ausgerichtet sein. Die OMV erwartet, bis 2025 einen Produktionskorridor von 450–500 kboe/d mit einer Übergewichtung von Gas beizubehalten und Produktionskosten von weniger als USD 7/boe zu erreichen.

Diversifizierung unserer Produkte

Im Jahr 2020 setzten wir durch den Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung am führenden Polyolefinhersteller Borealis einen wichtigen Schritt in Richtung einer verstärkten Diversifizierung unseres Produktportfolios. Mit der vollen Kontrolle über Borealis steigert OMV Downstream seine Produktion von Basischemikalien und erweitert seine Wertschöpfungskette um den Bereich Polyolefine und Pflanzennährstoffe. Die gemeinsamen Kapazitäten machen die OMV in Europa zur Nummer eins in der Herstellung von Ethylen und Propylen und weltweit zu einer der zehn größten Produzentinnen bzw. Produzenten von Polyolefinen. Die Akquisition ist eine strategische Erweiterung der Wertschöpfungskette der OMV um den Bereich hochwertiger Chemikalien. Dies bietet eine natürliche Absicherung gegen die Zyklizität der einzelnen Stufen der Wertschöpfungskette sowohl in Bezug auf das Volumen als auch auf die Marktspreads und verringert das Risiko der OMV gegenüber volatilen Märkten. Mit der Akquisition von Borealis verlagert die OMV ihren Schwerpunkt auf Produkte mit starken Wachstumsaussichten, die auch in einer CO2-armen Welt gefragt sind (mehr dazu siehe Petrochemische Produkte und Kunststoffe).

Wir reduzieren die CO2-Intensität unseres Produktportfolios durch den Ausbau unseres Verkaufs von Erdgas, und als Vorbereitung auf die wachsende Nachfrage nach diesen Produkten (mehr dazu siehe Mobilität der Zukunft).

Wir erforschen die Eignung von Kunststoffabfällen für die Produktion von synthetischem Rohöl auf kommerzieller Basis, um damit wichtigen Zukunftstrends wie der Kreislaufwirtschaft vorzugreifen. Die Substitution von Rohöl durch Altkunststoffe wird in schätzungsweise 45% weniger CO2-Emissionen bei Verwendung dieses Produkts und 20% weniger Energiebedarf pro t des Produkts resultieren (mehr dazu siehe Kreislaufwirtschaft). Wir erforschen außerdem alternative Rohstoffe und verstärken unseren Fokus auf die Produktion nachhaltiger Biokraftstoffe durch Co-Processing (mehr dazu siehe Co-Processing). Der hohe Integrationsgrad der OMV Raffinerien reduziert die Treibhausgasemissionen aus dem Co-Processing um bis zu 85% im Vergleich zu EU-Standards für ähnliche Prozesse.

Darüber hinaus erforschen wir neue Technologien, wie zum Beispiel Wasserstofflösungen (mehr dazu siehe Wasserstoff). Außerdem erkunden wir Technologien zur CO2-Reduzierung, wie zum Beispiel CO2-Abscheidung, -Nutzung und -Speicherung (Carbon Capture, Utilization, and Storage; CCUS).

CO2
Kohlendioxid
Mio
Million(en)
t
Tonne
CO2
Kohlendioxid
THG
Treibhausgas
boe
Barrel Öl-Äquivalent
CNG
komprimiertes Erdgas
LNG
Flüssigerdgas