Klimabezogene Resilienz des Unternehmens und die Energiewende
Die OMV stimmt die Grenzen und Zeithorizonte ihrer Geschäftsstrategie auf die erwarteten kurz-, mittel- und langfristigen Risiken und Auswirkungen klimabezogener Richtlinien und Entwicklungen im Energiesektor ab. Szenarien mit dem Ziel, den globalen Temperaturanstieg durch Reduktion von Treibhausgasemissionen auf maximal 2 °C zu beschränken, sind für unsere strategischen Überlegungen enorm wichtig, da sie grundlegende Veränderungen für den aktuellen Energiemarkt implizieren. Wir sind uns des potenziellen Risikos von „Stranded Assets“ (gestrandeten Vermögenswerten) bewusst, wenn wir unsere Reserven aufgrund der Überschreitung des globalen CO2-Budgets nicht voll ausschöpfen können. Im Zuge der Strategieentwicklung und -planung berücksichtigte die OMV Szenarien mit unterschiedlichen Aspekten potenzieller wirtschaftlicher, technologischer und sozialer Entwicklungen und deren Bedeutung für den Energiemarkt und demzufolge für unser Unternehmen. Die Ergebnisse unserer Analyse haben gezeigt, welche Auswirkungen verschiedene nationale und internationale Emissionsziele auf den Fuhrpark für den Personen- und Gütertransport in Europa und den OMV Kernmärkten haben werden. Sie sind sowohl in die Unternehmensziele als auch in die Geschäftsstrategie eingeflossen.
Die OMV verwendet derzeit nach wie vor das „Stated Policies“-Szenario der Internationalen Energieagentur (IEA), da es bestehende und angekündigte (noch nicht vollständig realisierte) Richtlinien, Ziele und Pläne berücksichtigt. Vom „Stated Policies“-Szenario der IEA leiteten wir die Auswirkungen auf europäische Öl- und Gasnachfragemengen bis 2025 und demzufolge auf die Kernmärkte der OMV ab. Die Analyse ergab einen voraussichtlichen Anstieg der Produktionsmengen von petrochemischen Produkten und Flugzeugtreibstoffen sowie einen Rückgang bei Benzin, Diesel und Heizöl. Generell wird gemäß dem „Stated Policies“-Szenario die sich ändernde Nachfragesituation zu einem weniger CO2-intensiven Kraftstoffmix führen.
Das 450-Szenario und das Sustainable Development Scenario1Das 450-Szenario berücksichtigt Richtlinien, die davon ausgehen, dass eine 50%ige Chance besteht, den globalen Anstieg der durchschnittlichen Temperatur im Vergleich zu vorindustriellen Niveaus langfristig auf 2 °C zu begrenzen. Das Sustainable Development Scenario, das von der IEA erstmals im World Energy Outlook (WEO) 2017 vorgestellt und von den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals; SDGs) abgeleitet wurde, skizziert einen integrierten Ansatz zur Erreichung international vereinbarter Ziele zu den Themen Klimawandel, Luftqualität und universeller Zugang zu moderner Energie. (www.iea.org) der IEA wurden von der OMV als möglicher „Downside Case“ verwendet, um festzustellen, wie ein bestehendes und künftiges OMV Geschäftsportfolio in so einem Szenario abschneiden würde.
Das immanente Bestreben der OMV, heute wie auch in der Zukunft einen Beitrag zu einem nachhaltigen Energiesystem zu leisten, hat bereits zu innovativen und erfolgreich umgesetzten Projekten geführt. Um auf diesem starken Fundament aufzubauen und es der OMV zu ermöglichen, beim Wandel hin zu einem klimafreundlichen Energiesystem eine Führungsrolle einzunehmen, beschloss der Vorstand 2019, die neue Funktion New Energy Solutions (NES) einzurichten. NES wird sich auf ein konzernweites Portfoliomanagement, einen effektiven Ideen- und Projektentwicklungsprozess sowie die Förderung eines motivierenden kulturellen Umfelds konzentrieren. Das konzernweite strategische Ziel von NES ist es, den CO2-Fußabdruck des bestehenden Geschäfts der OMV zu reduzieren und parallel dazu innovative Energielösungen zu entwickeln. Dieser duale Ansatz berücksichtigt die Erwartungen der politischen und öffentlichen Interessengruppen. Gleichzeitig gewährleistet er einen nachhaltigen Unternehmenserfolg und sichert die gesellschaftliche Akzeptanz („License to Operate“) der OMV im Einklang mit den Erwartungen des Pariser Klimaabkommens.
Um die Resilienz unserer Geschäftstätigkeit auch vor dem Hintergrund strengerer Gesetze und eines sich ändernden Mix der globalen Energienachfrage aufrechtzuerhalten, unternehmen wir folgende Schritte, um unser Portfolio zu steuern und anzupassen:
Verstärkter Fokus auf Gasprodukten
Wir reduzieren die CO2-Intensität unseres Produktportfolios durch den Ausbau unseres Verkaufs von Erdgas, CNG und LNG als Vorbereitung auf die wachsende Nachfrage nach diesen Produkten (mehr dazu siehe Fokus auf Gasprodukten und Fokus auf Mobilität der Zukunft).
Verstärkter Fokus auf petrochemischen Produkten
Wir verstärken unseren Fokus auf petrochemische Produkte und erforschen die Eignung von Kunststoffabfällen für die Produktion von synthetischem Rohöl auf kommerzieller Basis, um damit wichtigen Zukunftstrends wie der Kreislaufwirtschaft vorzugreifen. Die Substitution von Rohöl durch Altkunststoffe wird in schätzungsweise 45% weniger CO2-Emissionen bei Verwendung dieses Produkts und 20% weniger Energiebedarf pro t des Produkts resultieren (mehr dazu siehe Kreislaufwirtschaft).
Erforschung der Möglichkeiten für innovative CO2-arme Produkte und andere Lösungen
Wir erforschen alternative Rohstoffe und verstärken unseren Fokus auf die Produktion nachhaltiger Biokraftstoffe durch Co-Processing (mehr dazu siehe Bio-Öl-Co-Processing). Der hohe Integrationsgrad der OMV Raffinerien reduziert die Treibhausgasemissionen aus dem Co-Processing um bis zu 85% im Vergleich zu EU-Standards für ähnliche Prozesse. Darüber hinaus erforschen wir neue Technologien, wie zum Beispiel Wasserstofflösungen (mehr dazu siehe Wasserstoff). Außerdem erkunden wir Technologien zur CO2-Reduzierung, wie zum Beispiel CO2-Abscheidung, -Nutzung und ‑Speicherung (Carbon Capture, Utilization, and Storage; CCUS), und haben ein CCS-Pilotprojekt in Österreich gestartet. Wir bauen auch unser eigenes Portfolio an erneuerbaren Energien für den Eigenbedarf auf, was eine kostengünstige Möglichkeit der Dekarbonisierung von Scope-1- und Scope‑2-Emissionen ist. So baut die OMV beispielsweise eine Photovoltaikanlage in Österreich, die mit einer jährlichen Stromproduktion von 14.200 MWh die größte Photovoltaikanlage Österreichs sein wird.
Festlegung eines internen CO2-Peises und Einbeziehung der CO2-Reduzierung in die finanzielle Steuerung
Bereits im Jahr 2015 führten wir einen internen CO2-Preis zur Überprüfung unserer Investitionsentscheidungen ein. Anhand dieses Preises führen wir Sensitivitätsanalysen der Finanzdaten von Projekten mit durch CO2-Kosten erhöhten Betriebsaufwendungen (OPEX) durch. Der interne CO2-Preis ermöglicht es uns, die hypothetischen CO2-Kosten in Investitionsschätzungen und Ausführungsplanungen zu berücksichtigen. Diese Analysen schützen den Wert neuer Investitionen unter künftigen Szenarien mit höheren CO2-Kosten und stärken die Resilienz gegenüber potenziellen Änderungen von Klimaabgaben oder klimabezogenen Handelssystemen. Sie erhöhen auch die Transparenz zusätzlicher wirtschaftlicher Anreize für Initiativen zur Reduzierung der CO2-Emissionen. Das interne CO2-Peissystem wird derzeit hinsichtlich der angewandten internen CO2-Preisniveaus und der strategischen Steuerung überprüft. Im Jahr 2019 führte die OMV risikobereinigte Renditeerwartungen in ihr Finanzsteuerungsmodell für Projekte zur CO2-Reduktion sowie für neue Energielösungen ein.
Förderung einer kostengünstigen Upstream-Produktion mit Fokus auf Gas
Der Upstream-Bereich der OMV generiert durch sein qualitativ hochwertiges Portfolio profitables Wachstum und legt dabei den Fokus weiterhin auf Cash-Generierung. Unser derzeitiger Produktionsmix besteht zu 57% aus Gas und zu 43% aus Öl. Bis 2025 wird der Anteil von Gas voraussichtlich auf über 65% steigen. Das Portfoliowachstum erreichen wir durch Akquisitionen in kostengünstigen und reservereichen Regionen, aber auch durch organische Exploration und Investitionen. Unser Explorationsfokus liegt auf Bohrungen in unmittelbarer Nähe von produzierenden Feldern, die kurze Entwicklungszeiten haben. Die durchschnittlichen Produktionskosten werden unter USD 8/boe liegen.
Flexible Gestaltung der integrierten Wertschöpfungskette
Die OMV ist Betriebsführerin von internationalen Upstream- und Downstream-Assets. Die Kraftstoffe und petrochemischen Produkte der OMV ermöglichen Mobilität, sorgen für die nötige Wärme zu Hause und bei der Arbeit und bilden die Grundlage für eine Vielzahl von Kunststoffen und hochwertigen petrochemischen Produkten, die tagtäglich verwendet werden. Die vertikale Integration der OMV stellt einen natürlichen strategischen Schutz gegen Ölpreisschwankungen dar. Die OMV generiert substanzielle und nachhaltige Cashflows und hat ihre Resilienz in einem volatilen Marktumfeld bewiesen. Sie ist zudem in der Lage, attraktive Chancen in zwei unterschiedlichen Segmenten sowie in verschiedenen Märkten wahrzunehmen.
Die CO2-Intensität der Energieversorgung berechnet sich aus der Intensität ihrer Scope-1- und Scope-2-Emissionen plus Scope-3-Emissionen (in g CO2) aus der Nutzung der verkauften Energieprodukte gegen den Gesamtenergiewert aller extern verkauften Energieprodukte (in MJ) bewertet.